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Geschäftsbericht der Verwaltungsgerichtsbarkeit für das Jahr 2015

Im Rahmen einer Pressekonferenz hat der Präsident des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts Dr. Herwig van Nieuwland am 14. April 2016 den neuen Geschäftsbericht für die niedersächsische Verwaltungsgerichtsbarkeit vorgestellt.

Die Geschäftsentwicklung in der niedersächsischen Verwaltungsgerichtsbarkeit wird derzeit von der fortwährenden Zunahme der Asylverfahren geprägt, welche die Verwaltungsgerichtsbarkeit vor ebenso große Herausforderungen stellt wie die sich laufend ändernden rechtlichen Rahmenbedingungen.

Im Berichtsjahr 2015 ist die Gesamtzahl der bei den sieben niedersächsischen Verwaltungsgerichten eingegangenen Asylklageverfahren nach der Verdoppelung im Vorjahr nochmals um rund 20 % gestiegen. Untätigkeitsklagen von Asylsuchenden, die in anderen Bundesländern teilweise in großem Umfang erhoben wurden, haben in Niedersachsen bisher noch keine wesentliche Rolle gespielt. Die insgesamt bei den Verwaltungsgerichten eingegangenen 9.220 Asylverfahren betrafen die Hauptherkunftsländer Kosovo, Syrien, Serbien, Albanien und Montenegro, also noch überwiegend die inzwischen zu sicheren Herkunftsländern erklärten Balkanstaaten. Beim Oberverwaltungsgericht stieg die Zahl der im Bereich des Asylrechts eingegangenen Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren gegenüber dem Vorjahr sogar um 64,5 % an. Die Gesamtbestände konnten bei den Verwaltungsgerichten und beim Oberverwaltungsgericht deutlich gesenkt werden; allerdings nahm der Bestand an unerledigten Asylverfahren bei den Verwaltungsgerichten trotz der in diesem Bereich gestiegenen Erledigungszahlen und kürzerer Verfahrenslaufzeiten deutlich zu.

Für das laufende Jahr lässt sich angesichts der sich stetig ändernden Meldungen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) über die genauen Zahlen der Asylverfahren und Asylentscheidungen sowie der sich in kurzen Abständen verändernden Asylgesetzgebung kaum verlässlich abschätzen, welche konkreten Folgen der enorm hohe Flüchtlingszuzug der letzten Zeit für die Belastung der Verwaltungsgerichtsbarkeit haben wird. Ungeachtet des Umstandes, dass die Zahl der nach Deutschland gelangenden Flüchtlinge seit der Schließung der sog. Balkanroute deutlich gesunken ist, zeichnet sich nach den ersten drei Monaten des Jahres 2016 ein erheblicher Anstieg der gerichtlichen Verfahren deutlich ab. Danach machen die Asylverfahren inzwischen rund die Hälfte aller Neueingänge bei den Verwaltungsgerichten aus. Rechnet man die bisherigen Eingänge auf das Gesamtjahr 2016 hoch, ist mit etwa 14.000 neuen Asylverfahren zu rechnen, eine Stei-

gerung um nochmals etwa 50 % der Eingänge des Jahres 2015. Eine verlässliche Prognose der im Jahr 2016 auf die Verwaltungsgerichtsbarkeit zukommenden Asylverfahren kann daraus jedoch noch nicht abgeleitet werden. Die Zahl der gerichtlichen Verfahren wird wesentlich davon abhängen, in welchem Umfang das BAMF den Entscheidungsrückstau abbauen kann und in welchem Umfang ablehnende Asylentscheidungen ergehen. Die Entscheidungen des BAMF konzentrieren sich bisher auf die weniger schwierigen Asylverfahren und die mit hoher Anerkennungsquote: Von den über 150.000 Entscheidungen, die das Bundesamt in den ersten drei Monaten des Jahres 2016 getroffen hat, wurde in 63 % der Fälle ein Schutzstatus zuerkannt (im Wesentlichen betreffend die Herkunftsländer Syrien, Irak und Eritrea). Nur 25,8 % der Anträge wurden bundesweit abgelehnt und betreffen zum Großteil die Verfahren von Asylsuchenden aus den Balkanstaaten. Allein von den Ablehnungen im 1. Quartal 2016 sollen nach den Angaben des BAMF rund 5.200 in den Zuständigkeitsbereich niedersächsischer Verwaltungsgerichte fallen. In welchem Umfang nachfolgend Klagen und Eilverfahren erhoben werden, bleibt abzuwarten. Unklar ist auch, wann mit Entscheidungen des BAMF hinsichtlich solcher Herkunftsländer zu rechnen ist, bei denen der Bearbeitungs- und Rechercheaufwand deutlich höher liegt.

Unabhängig davon, wie sich die Entscheidungspraxis des BAMF konkret entwickelt, werden in der niedersächsischen Verwaltungsgerichtsbarkeit alle Kräfte darauf gerichtet sein, die vom Gesetzgeber angestrebte Beschleunigung der Asylverfahren auch in den gerichtlichen Verfahren sicherzustellen und gleichzeitig zu erreichen, dass durch die Konzentration auf die Erledigung der Asylsachen die Entscheidungen in den anderen, klassischen Rechtsgebieten nicht unangemessen verzögert werden. Präsident Dr. van Nieuwland erklärte dazu: "Bislang kann ich uneingeschränkt feststellen, dass die niedersächsische Verwaltungsgerichtsbarkeit die besondere Herausforderung aufgrund des rapiden Anstiegs der Asylverfahren durch erhöhten Einsatz und ein vorbildliches Engagement der Richterschaft und der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hervorragend bewältigt hat. Dabei war es sehr hilfreich - und dafür bin ich dankbar -, dass der Niedersächsische Landtag die Verwaltungsgerichtsbarkeit rechtzeitig durch zusätzliches Personal verstärkt hat. Nach allem, was sich bisher abzeichnet, bin ich sehr zuversichtlich, dass die Verwaltungsgerichtsbarkeit die Dinge auch dann noch sicher im Griff haben wird, wenn die Eingangszahlen bei den Asylverfahren weiter steigen sollten".

Einzelheiten zur Geschäftsentwicklung bei den Verwaltungsgerichten und beim Oberverwaltungsgericht können dem Geschäftsbericht für 2015 entnommen werden, der in elektronischer Form zusammen mit dieser Pressemitteilung versandt worden ist.

 

Artikel-Informationen

Ansprechpartner/in:
VRi' in OVG Andrea Blomenkamp

Nds. Oberverwaltungsgericht
Pressestelle
Uelzener Str. 40
21335 Lüneburg
Tel: 04131-718 187
Fax: 0 5141/5937-32300

http://www.oberverwaltungsgericht.niedersachsen.de

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