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Landkreis Stade muss über die Bestellung eines bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegers neu entscheiden

Der 8. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat unter dem Vorsitz des Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts Dr. van Nieuwland mit Urteil vom 14. September 2016 (Az. 8 LC 160/15) entschieden, dass der Landkreis Stade erneut über die Bestellung eines Bezirksschornsteinfegers entscheiden muss.

Die Klägerin hat sich mit ihrer Berufung gegen die Ablehnung ihrer Bestellung zur bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegerin für den Kehrbezirk Stade VII und die Bestellung eines Mitbewerbers für diesen Kehrbezirk gewandt.

Der beklagte Landkreis hat die Stelle eines bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegers für den o.a. Kehrbezirk öffentlich ausgeschrieben. Im Rahmen des Auswahlverfahrens hat er die Bewerbungen anhand eines Punktesystems unter Berücksichtigung der von dem Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr herausgegebenen Bewertungsmatrix bewertet. Dabei hat er u.a. für Tätigkeiten im Schornsteinfeger-Handwerk in den vergangenen 15 Jahren vor der Ausschreibung bestimmte Punktwerte angerechnet. Der Beklagte hat bei der Punktevergabe aber nicht die in diesem Zeitraum von der Klägerin in Anspruch genommenen Elternzeiten von rund fünf Jahren berücksichtigt. Aufgrund einer höheren Punktezahl hat der Beklagte am 23. April 2014 einen Mitbewerber für die Dauer von sieben Jahren zum bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger bestellt.

Diese Auswahlentscheidung des Beklagten ist entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts Stade rechtswidrig. Stellt die Behörde bei der Bewertung der fachlichen Leistung der Bewerber/-innen zulässigerweise u.a. auf die Dauer der beruflichen Tätigkeit im Schornsteinfeger-Handwerk ab, so verstößt die generelle Nichtberücksichtigung von Elternzeiten gegen die hier anzuwendende Elternurlaub-Richtlinie der Europäischen Union (Richtlinie 2010/18/EU des Rates vom 8. März 2010). Gemäß § 5 Abs. 4 des Anhangs der Richtlinie treffen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen zum Schutz der Arbeitnehmer gegen Benachteiligung und Kündigung aufgrund der Beantragung oder Inanspruchnahme des Elternurlaubs. Außerdem verstößt es gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG, bei der Berechnung der Zeiten einer Tätigkeit im Schornsteinfeger-Handwerk einerseits Ausfallzeiten etwa wegen Erkrankung, Arbeitsunfalls, Grundwehr- und Zivildienstes mit anzurechnen, andererseits aber Ausfallzeiten wegen der Elternzeit nicht zu berücksichtigen.

Die Revision zum Bundesverwaltungsgericht hat der Senat nicht zugelassen.

Artikel-Informationen

erstellt am:
15.09.2016
zuletzt aktualisiert am:
16.09.2016

Ansprechpartner/in:
Ri'in OVG Michaela Obelode

Nds. Oberverwaltungsgericht
Pressestelle
Uelzener Str. 40
21335 Lüneburg
Tel: 04131/718-201
Fax: 0 5141/5937-32300

http://www.oberverwaltungsgericht.niedersachsen.de

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