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Rücknahme der Doktorwürde allein wegen Bestechlichkeit des Doktorvaters unzulässig

Das Verwaltungsgericht Hannover hatte mit Urteilen vom 31. Mai 2010 - 6 A 1233/09 u. a. - die von der Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover im Jahre 2009 in acht Fällen vorgenommene Rücknahme der Verleihung der Doktorwürde an bereits berufstätige Juristen aufgehoben. Hintergrund für die Rücknahmen war, dass der Doktorvater dieser Juristen - ein ehemaliger Rechtsprofessor der Universität Hannover - für die Vermittlung von Promovenden von einem Institut für Promotionsvermittlung und -beratung ein Erfolgshonorar in Höhe von rund 4.000 EUR pro Einzelfall - über die Jahre insgesamt 156.000 EUR - erhalten hatte und deshalb im Jahr 2008 wegen Bestechlichkeit zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden war. Die Juristen hatten an das Institut jeweils ein Entgelt in fünfstelliger Höhe für die Vermittlung des Doktorvaters entrichtet. Die von der Staatsanwaltschaft gegen die promovierten Juristen eingeleiteten Strafverfahren endeten hingegen entweder mit einer Einstellung nach Erfüllung einer Geldauflage oder mit einem Freispruch durch das Strafgericht.

Die Universität Hannover hat auf diesen Bestechungsfall in zweifacher Hinsicht reagiert. Zum einen änderte die Juristische Fakultät ihre Promotionsordnung für die Zukunft dahingehend, dass die Annahme von Bewerbern zur Promotion und die Einleitung des Promotionsverfahrens von vornherein ausgeschlossen sind, wenn die Bewerber gewerbliche Promotionsberater gegen Entgelt in Anspruch genommen haben. Diese Regelung hat der 2. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts in einem Normenkontrollverfahren für rechtmäßig angesehen (Urteil vom 2. Dezember 2009 - 2 KN 906/06 -).

Zum anderen nahm die Universität in den genannten acht Fällen die Verleihung der Doktorwürde jeweils zurück. Nachdem die hiergegen gerichteten Klagen vor dem Verwaltungsgericht Erfolg hatten, hat der 2. Senat mit Beschlüssen vom 16. November 2011 - 2 LA 333/10 bis 337/10, 348/10 bis 350/10 - die erstinstanzlichen Entscheidungen bestätigt und die Anträge der Universität auf Zulassung der Berufung zurückgewiesen. Zur Begründung hat er - wie bereits das Verwaltungsgericht - im Wesentlichen ausgeführt, dass die Mitwirkung eines befangenen oder vom Promotionsverfahren ausgeschlossenen Prüfers zwar einen Verfahrensfehler darstellt, der aber nicht zwingend zur Rechtswidrigkeit der Bewertung der Dissertation und der sonstigen Prüfungsleistungen durch die mehrköpfige Promotionskommission führt. Zum einen musste sich den betroffenen Juristen nicht der Verdacht aufdrängen, dass der ihnen als Doktorvater vermittelte Universitätsprofessor für seine Bereitschaft zur Betreuung der Promotion von dem Institut bestochen worden war. Zum anderen lagen keine Anhaltspunkte für die Annahme vor, dass den im Promotionsverfahren zu bewertenden wissenschaftlichen Leistungen der Juristen weitere als die in der Person des als Prüfer tätig gewordenen Doktorvaters liegenden Mängel - wie etwa Fälschungen, die Übernahme fremden Gedankenguts oder die Inanspruchnahme unzulässiger Hilfsmittel - anhafteten. Daher hätte es der Universität oblegen, in jedem Einzelfall der inhaltlichen Frage nachzugehen, ob die angefertigten Dissertationen wissenschaftlichen Ansprüchen genügten und einen Beitrag zum Fortschritt der Rechtswissenschaften leisteten. Hierzu hätte die Universität vor den Rücknahmeentscheidungen für den befangenen und vom Verfahren ausgeschlossenen Doktorvater einen anderen Gutachter mit der Bewertung der Promotionsleistungen, insbesondere der Dissertationen betrauen müssen. Da sie dieser Verpflichtung nicht nachgekommen ist, sind die Rücknahmen der Verleihung der Doktorwürde fehlerhaft und mithin aufzuheben.

Mit der Ablehnung der Berufungszulassungsanträge sind die Urteile des Verwaltungsgerichts rechtskräftig geworden.

Artikel-Informationen

erstellt am:
25.11.2011

Ansprechpartner/in:
RiOVG Sven-Marcus Süllow

Nds. Oberverwaltungsgericht
Pressestelle
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21335 Lüneburg
Tel: 04131 718 - 236
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